Am 1. November 1957 wurde die Edelprostituierte Rosmarie Nitribitt (bürgerlicher Name: Rosalie Marie Auguste Nitribitt) ermordet in ihrer Wohnung aufgefunden. Ein gewöhnlicher Prostituiertemord hätte wahrscheinlich keinen so großen Nachhall in der deutschen Pressewelt hervorgerufen. Dieser Mord war allerdings alles andere als nur gewöhnlich. Hier spielte der Traum vom schnellen Geld und Reichtum sowie der rasche soziale Aufstieg in die vermögende Oberschicht eine entscheidende Rolle. Hierzu war der persönliche Umgang mit den Personen dieser Schicht unumgänglich. Das vermeintlich prickelnde und delikate an dieser Sache war, dass dies in Form von sexueller Gefälligkeiten geschah und das die betroffenen männlichen Personen aus Politik und Wirtschaft bereit waren, dies mit monetären oder Sachgeschenken entsprechend zu honorieren. Die erlesene Kundschaft Nitribitts liest sich wie das „Who is who“ der damals jungen Bundesrepublik. Darunter waren die Namen der Familie Krupp, der Quandts sowie die Gebrüder Sachs. Nach einigen Pressemitteilungen sollten auch der damalige Bundesverkehrsminister Hans-Christoph Seebohm und der spätere Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger zu diesem elitären Kundenkreis gehört haben (wirklich bewiesen wurde dies allerdings nie). Übrig blieb als Verdächtiger nur der biedere aussehende Handelsvertreter und Hausfreund Heinz Pohlmann. Nach dessen Freispruch am 11. Juli 1960 gilt dieser Mordfall noch immer als unaufgeklärt.
Heinz Pohlmann ein Opfer von schlechter Ermittlungsarbeit?
Obwohl ein schwarzes Notizbuch mit Namen am Tatort gefunden wurde (dessen Freigabe erst im Jahr 2027 vorgesehen ist), in dem Rosmarie Nitribitt ihre Kunden minutiös vermerkte, ging die ermittelnde Kriminalpolizei recht auffällig rücksichtsvoll mit jenen prominenten Personen um. Weitere entscheidende Ermittlungspannen ließen schnell den Verdacht einer planmäßigen Vertuschung aufkommen. So wurde nach Auffindung der halb verwesten Leiche die Fenster geöffnet, was allerdings die exakte Ermittlung des genauen Todeszeitpunktes erschwerte. Des Weiteren verschwanden auf unerklärlicherweise einige Akten (einige konnten 2013 wiedergefunden werden). Weiterhin erlitt ein Verdächtiger im Laufe der Ermittlungen einen tödlichen Herzinfarkt. Als Quintessenz dieser Mordermittlung blieb nur Heinz Pohlmann übrig.
Der übel beleumundete Heinz Pohlmann
Heinz Pohlmann war für die damaligen Ermittlungsbehörden in zweierlei Hinsicht geradezu prädestiniert als Hauptverdächtiger. So war er zum einen homosexuell (dies war damals allein schon eine Straftat) und zum anderen war er bereits durch einige Betrügereien polizeilich auffällig geworden. Zu dem konnte Heinz Pohlmann nicht schlüssig darlegen, woher die Geldmittel stammten, von denen er kurz nach dem Tod der Nitribitt einen neuen Mercedes finanzierte und einige Schulden bezahlte. Dies stand im krassen Gegensatz zu seiner sonstigen akuten Geldnot. So kam es im Jahr 1960 am Frankfurter Schwurgericht zur einer Anklage. Trotz erheblicher Zweifel an seiner Täterschaft und der Herkunft des Geldes wurde Heinz Pohlmann frei gesprochen. Vor allem die polizeilichen Pannen sowie einige widersprüchliche Zeugenaussagen zum Todeszeitpunkt von Rosemarie Nitribitt (wo nach aber Heinz Pohlmann über ein Alibi verfügte) nutzten letztendlich dem Angeklagten. Wenig später wurde Heinz Pohlmann dennoch zu 16 Monaten Haft verurteilt, da er einige Kundengelder veruntreut hatte.
Erhielt Heinz Pohlmann Schweigegeld?
Als Heinz Pohlmann sich entschließt, seine Sicht der Dinge zum Mordfall Rosmarie Nitribitt zu veröffentlichen, bekommt er durch den Anwalt der Familie Krupp einen Geldbetrag von 50.000 DM zugewiesen. Schweigegeld? Das offensichtliche Bemühen der Familie Krupp, den Namen der Stahlschmiede durch den Tod einer „Escortdame“ nicht weiter zu beschmutzen, lassen die Stimmen einer möglichen Vertuschung nicht verstummen. Bis heute ist der eigentliche Täter nach wie vor unbekannt. Aber auch die damaligen Verdachtsmomente gegenüber Heinz Pohlmann, ließen sich nach einigen Nachuntersuchungen in der Neuzeit nicht mehr erhärten. Heinz Pohlmann lebte jedenfalls in gut finanziell gesicherten Verhältnissen in München, wo er 1995 verstarb.