Mord in Frankfurt ist bis heute nicht aufgeklärt

Die Prostituierte Rosemarie Nitribitt wurde in ihrem Appartement ermordet. Die Medien verdienten das große Geld. Aber, was geschah damals beim legendären Mord in Frankfurt?

Wer war die Edelhure, die im Mord in Frankfurt so viel Aufmerksamkeit erregte?

Rosemarie – schön, reich, provokant – war eine in elitären Kreisen bekannte Prostituierte. Zeitzeugen und Weggefährten beschrieben sie als verspielt, mädchenhaft, flirtend, geizig, abgebrüht, verschwenderisch, einsam, dominat, vorlaut oder voller Ängste. Eine Frau, die sich allen Konventionen widersetzte. Eine Frau, die sich frech nahm, was sie wollte und liebte – sehr viel Geld! War sie unterwegs, konnte ihr Mercedes 190 SL mit roten Ledersitzen und Weißwandreifen vor entsprechenden Lokalitäten bewundert werden. Die Anfang 20-jährige zeigte sich dekadent im Wildnerzmantel, mit zweikarätigem Brillantring und weißem Pudel. Sie wohnte in einem exklusiven Appartmenthaus in der Frankfurter Stiftstraße 36. Nur, wer der Gegensprechanlage ihren Codenamen „Rebecca“ nennen konnte, durfte ihre Residenz betreten. Eine junge Frau, die auf ihre Weise während der Adenauer-Ära um ihren Platz in der Gesellschaft kämpfte. Ein Kampf einer Prostituierten während der sexuell verklemmten Wirtschaftswunderzeit. Ein Kampf, der mit dem bis heute unvergessenen Mord in Frankfurt endete.
Sie lebte ihr Wunsch-Leben nur für kurze Zeit. Ein Leben, das sie sich mühsam erarbeite hatte. Ja, sie verkaufte Sex. Zu ihren Kunden gehörten die Spitzen der Gesellschaft. Von hochkarätigen Politikern der Bonner Runde wie dem späteren Bundeskanzler Kiesinger wurde gemunkelt, von Herren der Großindustriellen-Clans Krupp oder derer Quandts. Die Gebrüder Wilhelm und Gunter Sachs wurden namentlich genannt. Die Polizei fand nach dem Mord in Frankfurt ein Adressbuch mit 100 Namen der männlichen Elite. Rosemarie Nitribitt scheffelte ein Vermögen. In ihrem letzten Lebensjahr waren es 90 000,- DM. Zum Vergleich, für 40 000,- DM gab es zu der Zeit ein Einfamilienhaus. Doch ihre Geldgier ließ sie die Konventionen brechen. Sie begann, ihre Kunden zu erpressen. Sie drohte mit der Preisgabe deren Identitäten. War das der Grund für den Mord in Frankfurt? Oder hat ihr Freund sie ermordet und bestohlen?

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War der Mord in Frankfurt vorhersehbar?

Ein Blick in ihre Biographie wird dieses gut beleuchten. Rosemarie – in Wirklichkeit Rosalie Marie Auguste Nitribitt, geboren am 1. Februar 1933 – hatte nicht den einfachsten Start ins Leben. Ihre Mutter Maria war bei ihrer Geburt gerade mal 18 Jahre alt. Ihr Vater scheint Rosemarie unbekannt gewesen zu sein. Im Abstand von jeweils 2 Jahren bekam sie noch 2 Schwestern von unterschiedlichen Vätern. Zusammen existierte die kleine Familie in ärmsten Verhältnissen in Düsseldorf. Wie mag es der kleinen Rosalie ergangen sein? Stellen wir uns das kleine Mädchen in der Zeit des Nationalsozialismus mit all seinen Ausprägungen vor. Schon mit 5 Jahren muss sie auf Anweisung des Jugendamtes das erste Mal in ein Erziehungsheim, zwei Jahre später in eine Pflegefamilie. Bereits in jungen Jahren wird sie erkannt haben: „Geld ist wichtig!“ Nach der Vergewaltigung der 11-jährigen Rosalie durch einen 6 Jahre älteren Soldaten aus der Nachbarschaft, kam es zum nächsten Schritt auf dem Weg zu dem Mord in Frankfurt. Das Mädchen erkannte ihre sexuelle Attraktivität. Die junge Blondine lernte zwei Prostituierte kennen. Und? Mit gerade einmal 14 Jahren – Deutschland ist gerade vom Hitlerregime befreit – ist ihr Geschäftssinn geweckt. Sie verkauft das einzige was sie hat. Sie verkauft ihren Körper. Spätestens nach einer Abtreibung fallen ihre Aktivitäten jedoch auf. Sie soll wieder in einem Jugendheim untergebracht werden, doch sie setzt sich ab. Eine Zeit des ständigen Ausreißens und Aufgegriffenwerdens beginnt. Doch, sie hatte ihre Einkommensquelle gefunden: Ihr Körper! Erst 1953 wurde die Anordnung auf Fürsorgeerziehung aufgehoben. Endlich und gerade mal 20 Jahre alt, konnte sie endlich dem Ziel ihres Lebens näher kommen. Sie wollte Geld – viel Geld! Und sie wusste, dieses gibt es nur in der „besseren Gesellschaft“. In Frankfurt wohnend lernte sie Englisch und Französisch, machte einen Benimm- bzw. Mannequin-Kurs und übte hochdeutsch. Nichts war ihr wichtiger, als ihr bisheriges armseliges Leben zu vergessen. Entsprechend suchte sie sich ihre Freunde und Freier aus. Es gelang. Schon 2 Jahre später, im September 1955 vermochte sie, sich eine teure Neubauwohnung zu leisten. Anschließend erwarb sie ihr Markenzeichen, den Mercedes 190 SL mit roten Ledersitzen und Weißwandreifen. Noch ein weißer Pudel und ihre Selbstinszenierung war perfekt. Rosemarie galt als Edelhure.

Der Mord in Frankfurt. Zwischen Voyeurismus und Prüderie der Adenauer Ära
Am 1. November 1957 informierten die Nachbarn von Rosemarie Nitribitt die Polizei. Seit Tagen hingen Brötchentüten an der Wohnungstür. Gegen 17:30 Uhr öffnete die Polizei die Haustüre. Der Verwesungsgeruch stand förmlich in der Wohnung. Die Polizisten rissen erst einmal die Fenster auf und fanden die brutal ermordete junge Frau sowie eine geöffnete Geldkassette. Ihr Kopf war eingeschlagen. Der Verwesungsprozess hatte bereits Fortschritte gemacht.
Zwei Rollwerke kamen schlagartig in Gang. Die Polizei startete ihre Ermittlungen. Die Presse hatte einen neuen Verkaufsschlager: Der Mord in Frankfurt!
Nun, wer beging den Mord in Frankfurt, den Mord an der Edelhure Rosemarie Nitribitt? Die Polizei konnte den Fall nie lösen, trotz einer riesigen Sammlung von Akten. Als Tatverdächtige kamen zu allererst die 100 Personen, die in Frau Nitribitts Notizbuch standen in Frage. Schnell fiel der Blick auf ihren Freund Heinz Pohlmann, der plötzlich über viel Geld verfügte, sich einen Mercedes leistete sowie seine Schulden beglich. Er kam in Haft, doch auch ihm konnte nichts nachgewiesen werden.
Und die Presse? Sie hatte ihren Verkaufsschlager: Der Mord in Frankfurt als Garant für hohe Auflagenzahlen! Die Inbesitznahme der Rosemarie Nitribitt durch Andere begann – der große Reibach von Zeitungen, Illustrierten, Filmproduzenten. Die Boulevardzeitungen hatten über Monate hinweg ihre Schlagzeilen. Selbst im Januar 1959 setzte die Illustrierte Quick noch 50 000,- DM für die Ergreifung des Mörders aus. Gleichzeitig veröffentlichte sie eine Artikelserie über Rosemarie – diktiert vom Freund und Tatverdächtigen Heinz Pohlmann. Diese Enthüllungsstory über den Mord in Frankfurt endete jedoch nach der 4. Ausgabe, denn der Anwalt der Familie Krupp bot Heinz Pohlmann für sein Schweigen mehr Geld als die „Quick“. Im August 1958 erschienen der Film „Das Mädchen Rosemarie“ sowie das Buch „Rosemarie. Des deutschen Wunders liebstes Kind“. 1986 sahen mehr als 8 Millionen Zuschauer den Fernsehfilm „Die Nitribitt. Ein Mord und viele Täter“. 1996 drehte Bernd Eichinger das Remake „Das Mädchen Rosemarie“. 2004 begannen die Aufführungen des Musicals „Das Mädchen Rosemarie“ im Capitol Theater in Düsseldorf. Rosemaries Kopf wurde erst 50 Jahre nach ihrem Tod beerdigt. Der Schädel, der erst zur Beweisaufnahme in Polizeigewahrsam verblieb, war über Jahre der Mittelpunkt in einer Dauerausstellung über eine der berühmtesten Huren.

Viel Geld wurde an dem Opfer des Mordes von Frankfurt verdient, doch als ihr Kopf beerdigt werden sollte, finanzierte eine Ärztin das Grab, denn der Schwester fehlte das Geld dazu.

 

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